Verantwortungsbewusstsein

Gedenken für die Zukunft

Die WU stellt sich ihrer Vergangenheit. Wir haben das Gedenkjahr 2018 dafür genutzt, in einer Reihe von Veranstaltungen die Rolle der Universitäten, insbesondere der Hochschule für Welthandel, in der NS-Zeit zu beleuchten.

2018 jährte sich der „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich zum 80. Mal. Für die Vorgängerinstitution der WU, die Hochschule für Welthandel, brachte die Machtübernahme des Nationalsozialismus tief greifende Veränderungen mit sich.

Die WU beschäftigt sich schon seit Längerem mit ihrer Vergangenheit. Wir starteten 2010 das NS-Provenienzforschungsprojekt der Bibliothek, das 1.121 potenziell bedenkliche Erwerbungen identifizierte und bereits zu 4 umfassenden Rückgaben an Erb/inn/en führte. 2012 wurde ein großes Gedenkprojekt ins Leben gerufen, das sich mit der Hochschule für Welthandel zur Zeit des „Anschlusses“ auseinandersetzt und dazu führte, dass auf dem Campus der WU ein Mahnmal zur Erinnerung an die ab März 1938 ausgegrenzten, vertriebenen oder ermordeten Angehörigen der Hochschule für Welthandel errichtet wurde.

Anlässlich des Gedenkjahres fand bereits Ende 2017 eine Buchpräsentation mit dem Titel „‚Säuberungen‘ an österreichischen Hochschulen 1934–1945. Voraussetzungen, Prozesse, Folgen“ statt. Das Werk wurde vom WU Historiker Johannes Koll herausgegeben, der sich intensiv mit der Aufarbeitung der Vergangenheit der Hochschule für Welthandel und damit der WU beschäftigt.

Am 24. April 2018 befasste sich eine hochkarätige Diskussionsrunde mit dem Thema „Wo stehen die Universitäten 80 Jahre nach der Nazi-Zeit?“. Als Einleitung las die Doyenne des Wiener Burgtheaters, Elisabeth Orth, aus Sitzungsprotokollen der Hochschule für Welthandel und den Erinnerungen einer jüdischen Studentin.

(c) WUtv

Im Anschluss daran erörterten unter der Leitung von Werner Hanak (stellvertretender Direktor des Jüdischen Museums Frankfurt) der WU Historiker Johannes Koll, Erhard Busek (Institut für den Donauraum und Mitteleuropa, Vizekanzler a. D.), Klaus Taschwer (Buchautor und Wissenschaftsredakteur, „Der Standard“) und Ferdinand Lacina (Finanzminister a. D.) die Geschichte der österreichischen Hochschulen zwischen 1938 und 1945 und den Umgang mit den Folgen der NS-Diktatur in der Nachkriegszeit. Mit Blick auf die Zukunft analysierten sie, inwieweit die Hochschulen Konsequenzen aus historischen Fehlentwicklungen ziehen können.

Das Gedenkjahr endete mit der symbolischen Rückgabe eines akademischen Titels. Leopold Weiß erwarb 1920 den akademischen Grad Diplomkaufmann, der von den damaligen Verantwortlichen der Hochschule für Welthandel unter dem verbrecherischen Regime des Nationalsozialismus zu Unrecht aberkannt wurde. Die WU bedauert diese Vorgehensweise zutiefst und hat die Aberkennung für nichtig erklärt. Als Geste der Wiedergutmachung und zum Gedenken an all jene, denen dasselbe widerfahren ist, überreichte die Rektorin der WU, Edeltraud Hanappi-Egger, dem Neffen von Leopold Weiß, Richard Weihs, eine Urkunde über die symbolische Wiederzuerkennung des Titels.

(c) Franz Pfluegl

Umrahmt wurde der Festakt von einem Konzert, das ein Zeichen für ein respektvolles Miteinander und gegen Ausgrenzung und Diskriminierung setzte. Der Musiker Roman Grinberg gestaltete exklusiv für das WU Gedenkkonzert ein Programm, das Klezmer-Jazz mit jiddischen Liedern kombinierte.

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