Wissenschaftliche Forschung ist ein wesentlicher Bestandteil des Identitätskerns der WU und Grundvoraussetzung für die forschungsgestützte Lehre. Unsere Wissenschaftler/innen sind in so unterschiedlichen Disziplinen wie Betriebswirtschaft, Volkswirtschaft, Wirtschaftsrecht, Wirtschaftssprachen, Wirtschaftsinformatik oder Sozialwissenschaften erfolgreich. Sie betreiben Forschung auf höchstem Niveau und gelten als Expert/inn/en auf ihrem Gebiet. Bei internationalen Projekten sind sie gefragte Kooperationspartner/innen.
Es ist uns besonders wichtig, dass die Ergebnisse unserer Forschungsprojekte gesellschaftliche Relevanz aufweisen und Diskurse in Wirtschaft, Politik, Medien und Gesellschaft anstoßen. Um das zu gewährleisten, präsentieren die WU-Forscher/innen ihre Leistungen regelmäßig bei öffentlichen Veranstaltungen und auf wissenschaftlichen Konferenzen.
Gesellschaftliche Relevanz
Zerstören Streaming-Dienste den Musikmarkt oder erschließen sie neue Märkte? Wie verlaufen die globalen Rohstoffflüsse? Und kann die kalte Progression durch Einkommenssteueranpassungen aufgefangen werden? Das sind nur einige der Fragen, die sich unsere Wissenschaftler/innen 2016 gestellt haben. Die – teilweise unerwarteten – Antworten lösten Diskussionen und Nachdenkprozesse bei verschiedenen Stakeholdergruppen und in den Medien aus.
Digitale Überwachung im Netz gefährdet die persönliche Freiheit
Wie Internetfirmen aus Big Data detaillierte Persönlichkeitsprofile von einzelnen User/inne/n erstellen, zeigt die Studie „Networks of Control“ von WU-Professorin Sarah Spiekermann-Hoff und Netzaktivist Wolfie Christl auf. Wegen dieser Profile werden ganze Bevölkerungsgruppen diskriminiert und bekommen keinen Zugang zu bestimmten Dienstleistungen oder Waren (zum Beispiel Versicherungen). Das gefährdet unsere demokratischen Grundwerte.
Der Brexit reißt Löcher in Forschungsnetzwerke
Großbritannien spielt eine zentrale Rolle im Europäischen Forschungsraum. Britische Wissenschaftler/innen sind an 40 Prozent der EU-Forschung beteiligt und bekommen 15 Prozent der EU-Fördermittel, stellte André Martinuzzi von der WU gemeinsam mit FASresearch fest. Ein Wegfall der britischen Beteiligung an EU-Projekten hätte beträchtliche strukturelle Auswirkungen – auch auf Österreich, das intensive Forschungsbeziehungen zu Großbritannien pflegt. Die Studienautor/inn/en empfehlen daher den Abschluss eines Assoziationsabkommens, wie es bereits mit der Schweiz, Israel oder Norwegen besteht. Zusätzlich sollte die Entwicklung regionaler Exzellenzzentren vorangetrieben werden.
Die Österreicher/innen vertrauen erneuerbaren Energien
Die Österreicher/innen stehen dem Einsatz von erneuerbaren Energien sehr positiv gegenüber. Die Sonne ist der bekannteste nachhaltige Energielieferant. Zwei Drittel der Hauseigentümer/innen würden Dachfläche entgeltlich für eine Fotovoltaikanlage zur Verfügung stellen. Rund 50 Prozent der Befragten können es sich sogar vorstellen, in ein Bürger/innen/kraftwerk zu investieren, und ein Drittel hat bereits über den Kauf eines Elektroautos nachgedacht. Das sind die erfreulichen Ergebnisse einer repräsentativen Befragung zu „Erneuerbaren Energien in Österreich“, die WU-Forscherin Nina Hampl, Deloitte Österreich und Wien Energie gemeinsam durchgeführt haben. Die Autor/inn/en empfehlen daher, den Umstieg auf ein nachhaltiges Energiesystem verstärkt voranzutreiben.
Migration macht unternehmerisch
Was haben WU-Studierende, die ein Auslandssemester absolviert haben, und Migrant/inn/en gemeinsam? Sie liefern hervorragende und innovative Entrepreneurship-Ideen, sagen die WU-Forscher Peter Vandor und Nikolaus Franke. Sie konnten zeigen, dass interkulturelle Erfahrungen die Fähigkeit, unternehmerische Gelegenheiten zu erkennen, signifikant steigern. Dieses Ergebnis führen sie auf zwei Effekte zurück: Einerseits werden im Ausland bestehende Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle auf den österreichischen Markt übertragen und andererseits verfügen Menschen, die im Ausland gelebt haben, über mehr Erfahrungsbausteine für Innovationen.
Streaming-Services schaden der Musikindustrie nicht
Streaming-Services boomen. Führt das zu Umsatzeinbußen in der Musikindustrie? WU-Forscher Nils Wlömert gibt auf diese Frage eine differenzierte Antwort: Die Ausgaben der Konsument/inn/en für Musikprodukte reduzieren sich, wenn sie über ein kostenloses oder kostenpflichtiges Streaming-Angebot Musik hören. Die Werbeeinnahmen von kostenlosen Streaming-Diensten können diesen Umsatzrückgang nicht kompensieren. Die Einnahmen aus den kostenpflichtigen Angeboten sind aber groß genug, um den negativen Effekt mehr als auszugleichen. Insgesamt haben Streaming-Angebote daher einen positiven Einfluss auf den Umsatz der Musikindustrie.
Jungunternehmen schaffen die meisten Jobs
In Zeiten steigender Arbeitslosigkeit ist es wichtig, zu wissen, wie neue Jobs geschaffen werden können. WU-Professor Harald Oberhofer analysierte mit Peter Huber vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung und Michael Pfaffermayr von der Universität Innsbruck den Einfluss der Unternehmensgröße und des Unternehmensalters auf die Arbeitsplatzschaffung in Österreich. Es zeigte sich, dass junge Unternehmen ein Jahr nach der Gründung mehr Arbeitsplätze schaffen als ältere Unternehmen. Zugleich sind sie aber von Wirtschaftskrisen stärker betroffen und bei einem krisenbedingten Marktaustritt werden mehr Arbeitsplätze zerstört als bei anderen Firmen.
Anpassung der Steuertarife an durchschnittliche Inflation führt zu Umverteilung
Kann die kalte Progression – die schleichende Erhöhung des Steuersatzes durch die jährliche Einkommensvalorisierung – durch eine Anpassung des Steuertarifs an die durchschnittliche Inflation aufgefangen werden? Mathias Moser und Stefan Humer vom WU-Forschungsinstitut für Economics of Inequality schätzten mit ihrem Mikrosimulationsmodell TAXSIM die Auswirkungen einer solchen Vorgangsweise auf verschiedene Gruppen von Steuerzahler/inne/n: Sie konnten zeigen, dass die Bezieher/innen geringerer Einkommen nur einen Teil der kalten Progression zurückbekommen, während in den höheren Einkommensklassen die kalte Progression überkompensiert wird. Die Anpassung des Steuertarifs an die durchschnittliche Inflation führt daher zu einer Umverteilung von unten nach oben und zu einem höheren budgetären Ausfall für den Staat.
Der globale Handel mit Rohstoffen nimmt deutlich zu
Mehr als elf Milliarden Tonnen Rohstoffe und Produkte werden jährlich exportiert bzw. importiert – mehr als dreimal so viel wie noch in den 1970er-Jahren. Dies zeigt ein aktueller Bericht des UNO-Umweltprogramms UNEP, der unter Mitwirkung der WU-Forschungsgruppe „Nachhaltige Ressourcennutzung“ am Institute for Ecological Economics entstand. Aus der Perspektive der Nachhaltigkeit ist das eine besorgniserregende Entwicklung, wenn man die ökologischen und sozialen Folgen bedenkt, die mit dem Rohstoffabbau und -transport einhergehen. Es ist daher wichtig, beim Kauf möglichst auf die Herkunft von Produkten zu achten und Produkte mit hohen sozialen und ökologischen Standards sowie mit kurzen Transportwegen zu erwerben, um die Klimaauswirkungen zu minimieren.
Kostenfaktor Arbeitskraft: Wenn Fremdfinanzierung zum Problem wird
Viele Länder, auch Österreich, fördern die Fremdfinanzierung von Unternehmen durch Steuervorteile. WU-Professor Josef Zechner untersuchte anhand internationaler Elektrizitätsproduzenten, wie sich die hohe Verschuldung von Unternehmen auf die Lohnkosten auswirkt: Mit der Höhe der Verschuldung steigt auch das Konkursrisiko eines Unternehmens. Wenn ein hoch verschuldetes Unternehmen gute Mitarbeiter/innen gewinnen will, muss es dieses Risiko durch höhere Löhne abgelten. Unternehmen gehen daher verstärkt den Weg der Eigenfinanzierung, um die Kosten niedrig zu halten.